Des Minnesängers Morgengabe

Mittelalterlicher Goldring mit Saphir, sog. Pie Dish Ring, um 1320


Mittelalterlicher Goldring mit Saphir, sog. Pie Dish Ring, um 1320
Mittelalterlicher Goldring mit Saphir, sog. Pie Dish Ring, um 1320
Beschreibung
Under der linden an der heide, dâ unser zweier bette was, dâ muget ir vinden schône beide gebrochen bluomen unde gras. Vor dem walde in einem tal, tandaradei, schône sanc diu nahtegal... So beginnt eines der schönsten mittelhochdeutschen Lieder Walther von der Vogelweides, das stark vom klassischen Minnegesang geprägt ist und in den Jahren um 1200 entstand. Es beschreibt das Liebeserlebnis eines offenbar einfachen Mädchens mit ihrem höfischen Geliebten in der freien Natur. Beinahe das gesamte hohe Mittelalter hindurch war die Minne, also die Verehrung der Frau (mhd. minne = „liebevolles Gedenken“) und die damit verbundene, hoch ritualisierte Form der gesungenen Liebeslyrik, die der westeuropäische Adel etwa von der Mitte des 12. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts pflegte, höchstes Ausdrucksmittel der Liebe. Während sich zahlreiche Dichtungen aus jenen Jahren in schriftlichen Überlieferungen erhalten haben, sind Schmuckstücke des späten Mittelalters ausgesprochen selten. Zu hoch sind die Wahrscheinlichkeiten, dass Schmuckstücke aus Gold im Laufe der Jahrhunderte eingeschmolzen werden um etwas Neues daraus zu machen und unmodern gewordene Schmuckstücke in neue Formen zu überführen. Deshalb freue ich mich um so mehr, Ihnen einen originalen Ring aus dem 14. Jahrhundert vorstellen zu können, der aus einer englischen Sammlung von Antony Douch zu uns kam. Es handelt sich um ein tragbares und gleichsam museales Schmuckstück aus der Epoche der gotischen Katedralen, der Ritter und Edelleute, von deren Leben wir heute nur noch eine leise Ahnung haben. Der Ring ist aus hochkarätigem Gold geschmiedet und hält einen dunkelblauen Saphir im Cabochonschliff. Der Stein datiert aus den Jahren in denen Marco Polo (1254-1324) Indien bereiste und der hier verarbeitete Stein ist ein sprechender Beleg dafür, dass Saphire bereits im 14. Jahrhundert nach Europa importiert wurden. Der Saphir ist trapezförmig geschliffen und die Form des Rohsteines ausschlaggebend für die Form des Ringes selbst. Keiner der erhaltenen Ringe dieser Art, die sich meist in Museen befinden, ist wie der andere, denn immer bestimmt die Form des nur wenig geschliffenen Steines die Form des Ringkopfes. Die Form unseres Ringes ist zudem aus der damals zeitgenössischen Architektur ableitbar, und so erinnert der trapezoide Ringkopf mit seinem beinahe spiegelbildlich angelegten Unterbau und seinen klar definierten Kanten tatsächlich auch an den Schlusstein eines mittelalterlichen Mauerwerksbogens. Besonders Saphire waren in jenen Jahren kostbare und hochgeschätzte Edelsteine, denn in der Vorstellung des späten Mittelalters sollten sie ihren Trägern Weisheit und Reichtum bringen und Ihnen wurden zahlreiche Schutzfunktionen gegen Krankheiten und sogar gegen Vergiftung zugesprochen. Deshalb wurden Ringe wie dieser oft in großer Anzahl getragen, jeder Ring mit einem anderen Edelstein, so dass der Träger oder die Trägerin vor allem Unbill maximal geschützt war. Doch vor allem waren Ringe wie dieser Geschenke an geliebte Damen, steht doch der Saphir vor allem für die treue Liebe. Es ist daher wahrscheinlich, dass es sich bei dem hier vorliegenden mittelalterlichen Ring um eine Liebesgabe an eine vermutlich adlige Dame gehandelt hat, denn Stücke wie diese waren in damaligen Zeiten so kostbar, rar und selten, dass eine Zuordnung in höchste gesellschaftliche Kreise anzunehmen ist. Vergleichbare Ringe finden sich in den Sammlungen der großen Kunstgewerbemuseen, wir verweisen hier allein auf Diana Scarisbrick Standardwerk „Rings. Jewelry of Power, Love and Loyality“, London 2007, welche auf S. 238f mehrere vergleichbare Stücke der Jahre um 1300 beschreibt. Vergleiche ebenso ein ganz ähnliches Beispiel aus der „Benjamin Zucker Family Collection“, Sandra Hindman u.a.: Cycles of Life: Rings from the Benjamin Zucker Family Collection, London 2014, S. 150f.
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